Gründe um aktiv zu bleiben gibts nicht nur im Aargau genügend

Seid laut, seid wütend, seid emotional, fordert!

Lola Barista 🔥
be queer!
Published in
3 min readJun 16, 2019

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Eine Open Mic Rede vom feministischen Streik in Aarau über Sexismus, Gewalt von Männern und Tone Policing.

Eigentlich, wollte ich eine Rede darüber halten, was der feministische Streik mit Freiräumen zu tun hat. Die Rede war bereits fertig und dann kam mir das Patriarchat dazwischen.

Ich bin heute aufgewacht zu einer Sprachnachricht von meiner besten Freundin Lea, die aktiv geholfen hat den Streik mit zu organisieren und sehr viel Zeit dafür geopfert hat. Sie hat letzte Nacht bei mir geschlafen und hat heute Morgen sehr früh, vor mir, streikbereit das Haus verlassen. Die Sprachnachricht hatte in etwa folgenden Inhalt, den ich nicht wörtlich zitieren werde, weil ich finde es gibt Wörter die nicht zu unserem Wortschatz gehören sollten und die ich deswegen nicht reproduzieren möchte.

«Hey, jetzt bin ich grade bei dir zur Tür raus, da sind 2 Jogger die wohl auf dem Weg ans Turnfest waren an mir vorbeigerannt. Der eine hat mich beleidigt und der andere hat sich kaputtgelacht. Und das nur weil ich eine Frau bin.»

In der Schweiz kennt fast die Hälfte aller Frauen mindestens eine Frau die schon mal ungewollte sexuelle Handlungen erlebte. Alle 2 Wochen stirbt eine Frau aufgrund der Folgen von häuslicher Gewalt.

Alle. Zwei. Wochen.

Ich frage mich, warum kennt eigentlich nicht die Hälfte aller Männer mindestens einen Mann der eine Frau schon mal zu sexuellen Handlungen gezwungen hat?

Klar, die Situation aus der Sprachnachricht war kein sexueller Übergriff. Aber sie steht exemplarisch dafür, mit was wir jeden Tag rechnen müssen, wenn wir das Haus verlassen. Sie steht dafür, warum wir uns am Morgen Gedanken darüber machen, was wir anziehen sollen um möglichst kommentarlos und vorfallsfrei zu unserer Arbeitsstelle oder sonst wohin zu kommen. Und das ist bereits eine Form von Gewalt.

Ich erzähle euch das nicht, weil ich Männer schlecht machen will oder ich sagen will, dass wir alle Opfer sind, die sich nicht wehren können. Ich erzähle es, weil solche Grenzüberschreitungen Alltag sind für Menschen, die als Frau gelesen werden.

Ich erzähle es, weil es anstrengend ist, wenn man darauf hinweist, dass über 90% aller Gewalttaten von Männern ausgehen, die Männer sich persönlich angegriffen fühlen, anstatt sich zu überlegen wieso das so ist.

Weil es energieraubend ist, wenn Männer nicht verstehen, wieso genau aus diesen Gründen sichere Räume ohne Männer für uns so wichtig sind und sie dann sagen «ich bin ja Feminist, aber AUSSCHLUSS FIND ICH MEGA UNCOOL».

Sorry Jonas, du bist kein Feminist, wenn du uns Feminist*innen die Solidarität entziehst sobald dein privilegierter Arsch nicht das bekommt was er will. Und Jonas: es hilft auch nicht, mir zu sagen, dass mein Ton einfach anständiger sein muss und ich einfach zu emotional werde. Das ist nämlich auch nur eine Strategie, um das was ich sage nicht ernst nehmen zu müssen. Es ist nämlich ganz egal WIE ich als Frau etwas sage: entweder ist es zu lieb und zu leise und zu wenig fordernd oder es ist zu laut, zu emotional und zu fordernd. Man nennt das auch Tone Policing.

Das alles raubt Energie. Energie die ich so gerne in andere Kämpfe investieren würde. Und es macht mich wütend, dass Gewalt gegen Frauen immer noch so ein grosses Thema ist und es macht mich auch wütend, dass ich deswegen nicht darüber reden konnte, was der feministische Streik mit Freiräumen zu tun hat.

Ich entscheide mich deshalb hier und jetzt fürs laut werden, fürs emotional werden und fürs fordern. Weil es mir reicht!

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Antilohnarbeitsaktivist_in für ein Recht auf Faulheit / bi / poly / white / sie oder keine pronomen/ Hier gibts Lohnarbeitsrant und cis männer bashing